Interview: Der Herbst – ein idealer Zeitpunkt zur Bestandsoptimierung?

Im Interview verrät Dr. Christian Kämmerer, warum der Herbst der ideale Zeitpunkt für den Lagerbestands-Check ist und warum der gesunde Menschenverstand stets „eingeschaltet“ bleiben sollte!

Stimmt es, dass im Herbst die richtige Zeit für Bestandsoptimierung ist? Wenn ja, warum ist das so?

Christian Kämmerer: Für viele Betriebe endet das Geschäftsjahr zum 31. Dezember. Manche stellen im letzten Quartal dann fest, dass die Lagerbestände oft das ganze Jahr über nicht wirklich gepasst haben. Oder noch schlimmer völlig aus dem Ruder gelaufen sind.

Und das stellen viele erst im letzten Quartal fest..?

Christian Kämmerer: Ja, weil viele Unternehmen im Herbst sich schon mal die Zahlen für das zu Ende gehende Jahr anschauen und plötzlich feststellen: Es kommt offenbar anders als geplant. Oft entsteht dann ein hektischer Aktionismus. Die erste Frage lautet dann: Woran liegt es, dass wir einen meist zu großen Lagerbestand haben?

Was spielt noch eine Rolle, sich jetzt Gedanken zum Thema zu machen?

Christian Kämmerer: Das hat damit zu tun, dass man bis Ende des Jahres noch ein paar Quick Wins erreichen kann, also kurzfristige Einsparungsmöglichkeiten durch eine Bestandsreduzierung von ausgewählten Artikeln. Allerdings sollte man auch hier das Problem systematisch bzw. strukturiert angehen.

Was raten Sie Firmen, die jetzt einen zu großen Bestand haben?

Christian Kämmerer: Die Frage, die man sich stellen sollte, lautet: Welche Artikel haben zu hohe Bestandsreichweiten? Wie hoch ist der durchschnittliche Lagerbestand? Aus meiner Erfahrung können durch die eben angesprochenen „Quick Wins“ bis zu 30 Prozent der Lagerbestände eingespart werden! Eine verbesserte Liquidität tritt oft schon nach wenigen Wochen ein.

Was sollte man in jedem Fall vermeiden, wenn die Firma einen offenbar zu großen Bestand hat?

Christian Kämmerer: Man sollte nicht in blinden Aktionismus verfallen und sich für eine genauere Analyse etwas Zeit nehmen. Welche Artikel führen zu hohen Lagerbeständen? Warum ist das so? Das hat natürlich immer auch mit dem Kundenverhalten und dem Verhalten seiner Lieferanten zu tun, was sich auch innerhalb kurzer Zeit ändern kann. Beispiel Weihnachten. Manche Firmen sind Saisonbetriebe. Zwingend notwendig ist hier das Clustern von Artikeln. Das heißt, ich muss wissen, welche Artikel eines Gesamtspektrums verhalten sich ähnlich oder gleich, etwa hinsichtlich Umsatz, Lagerumschlag, Picks, Prognostizierbarkeit usw. Da gibt es viele Möglichkeiten, sinnvolle Cluster zu bilden. Manche Artikel kann man um 15 Prozent reduzieren, manche um 30 Prozent oder mehr. Manche muss man sogar schnell erhöhen, weil deren Bestand zu niedrig ist!

„Der kleine Putz im Herbst, der große Putz im Januar“

Was raten Sie Firmen, aus der „Vogel-Perspektive“ betrachtet, bezogen auf das gesamte Jahr zu tun?

Christian Kämmerer: Wie schon gesagt: Aktionismus ist meist kein guter Ratgeber und bringt, wenn überhaupt, nur kurzfristige Erfolge. Man sollte sich „seine“ Cluster sehr genau anschauen und überlegen, ob diese Cluster sinnvoll sind und welche bestandstechnisch die „Sorgenkinder“ sind.
Unabhängig davon: Ich spreche gerne vom kleinen „Putz“ im Herbst. Wenn man weiß, wo die Lagerbestände im Herbst zu groß sind, kann man bei den größten „Problemfällen“ kurzfristig für einen geringeren Bestand sorgen. Im Januar und Februar sollte man sich an den „Groß-Putz“ machen. Ich rate auch hier zunächst immer dazu, genau zu prüfen: Welche Cluster und welche Artikel darin verursachen besonders hohe Bestände – und warum ist das gerade jetzt so? Sind das immer die gleichen Artikel? Wenn man um die Ursachen weiß, kann man leichter gegensteuern und gut vorbereitet in den Herbst gehen.

Sonst noch ein Tipp von Ihnen zum Thema „Lagerbestand im Herbst“?

Christian Kämmerer: Manche Firmen machen den Fehler, dass sie sich zu sehr auf die eigene Software verlassen, weil sie glauben, dass die IT schon stimmen wird und ihnen sämtliche Arbeit abnimmt. Die ERP- oder Dispo-Systeme sind nämlich nur so gut, wie sie programmiert wurden. Wer blind und ausschließlich seiner IT vertraut, ohne sich die Parametereinstellungen und das Drumherum genau anzuschauen, bei dem sind stürmische Zeiten vorprogrammiert. Und dann kommt das böse Erwachen meist im Herbst. Ein gesunder Menschenverstand ist also unabdingbar.

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